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Gesendet: Donnerstag, 23. April 2009 14:34
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Betreff: Sozialistische Tageszeitung • Donnerstag, 23. April 2009
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Sozialistische Tageszeitung • Donnerstag, 23. April 2009
Rechtsradikale in Ungarn immer frecher - Polizei erkennt »keine Zwischenfälle«
Von Gábor Kerenyi, Budapest
Zu Wochenbeginn – einen Tag vor dem Holocaustgedenktag – betrieben ungarische Rechtsradikale auf ihre Weise Geschichtsaufarbeitung.
In militärähnlichen Uniformen versammelten sich Glatzköpfe und Mitglieder der berüchtigten Ungarischen Garde gemeinsam mit anderen Gruppierungen und etlichen Sympathisanten an der Budapester Kettenbrücke, um gegen die »zionistische Weltherrschaft« zu protestieren. Sie schwenkten Tafeln mit Inschriften wie »Nieder mit dem Holocaustdogma«, »Das Dritte Reich schlägt zurück«, »Trauen wir uns, weiß zu sein« oder »Wahrheit macht frei«. Die Redner erklärten in edler Einfachheit, dass »am Holocaust gar nichts wahr« sei.
Von der Kettenbrücke marschierten die Demonstranten zur deutschen Botschaft, wo die Organisatoren eine Petition ähnlich erbaulichen Inhalts vorlasen und der diplomatischen Vertretung zu übergeben beabsichtigten. Doch niemand vom Botschaftspersonal nahm das Schriftstück in Empfang. Es ist schwer zu entscheiden, ob die ungarischen Faschisten womöglich übersehen haben, dass seit 1945 bereits 64 Jahre vergangen sind, oder ob es ihnen ganz einfach an geistigen Kapazitäten mangelt.
Aber dies ist nicht das einzige Rätsel an dieser Geschichte. Das Budapester Polizeipräsidium ließ nämlich mitteilen, dass die Demonstration ganz legal gewesen sei. Auch habe es keine Zwischenfälle gegeben, weshalb am Ort des Geschehens keine polizeilichen Maßnahmen nötig gewesen seien!
Tatsächlich existiert in Ungarn kein Gesetz, das Wiederbetätigung oder Leugnung des Holocausts unter Strafe stellt. Immerhin bemerkte dieselbe Polizei, dass die Reden, die bei dem Aufmarsch gehalten wurden, den Straftatbestand der Hetze gegen das Gemeinwesen erfüllten. Im Nachhinein wurde deshalb ein Verfahren gegen zwei der Redner eingeleitet.
Hat die ungarische Polizei also tatenlos zugeschaut, wie vor ihrer Nase, noch dazu wiederholt, Strafwürdiges geschah, oder war alles rechtens und in Ordnung? Dieser schwer auflösbare Widerspruch weckte sogar die Aufmerksamkeit des ungarischen Polizeipräsidenten. Er wies den Budapester Polizeichef an, innerhalb einer Woche einen Bericht zur Sache vorzulegen.
Was immer dieses Schriftstück enthalten wird – eine Tatsache wird darin wahrscheinlich nicht angesprochen werden. Es geht bei diesem jüngsten Vorfall nicht nur um das Problem des immer offener und brutaler ans Tageslicht tretenden ungarischen Rassismus. Schlimm ist vielmehr, dass praktisch die gesamte ungarische Führungselite wegschaut. Von den Politikern über die Gesetzgebung bis zur Staatsanwaltschaft, von den Gerichten bis zur Polizei beschäftigt man sich ausgiebig mit scheinbar komplizierten Problemen der Rechtsauslegung, statt endlich politisch zu handeln.
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