2009. május 28., csütörtök

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Gesendet:csütörtök, 2009. május 28. 10:52
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Donnerstag, 28. Mai 2009 n-tv - Berlin,Berlin,Germany

"Wir sitzen auf einem Pulverfass"

Krise verschärft Menschenrechtslage

Der ai-Bericht 2009 enthält Übersichten über die Menschenrechtssituation in 157 Ländern.
(Foto: picture-alliance/ dpa)

Die Wirtschaftskrise wird nach Einschätzung von Amnesty International die Menschenrechtslage weltweit drastisch verschärfen. Die Krise werde voraussichtlich 50 bis 90 Millionen Menschen zusätzlich in die Armut treiben und damit verwundbar für Menschenrechtsverletzungen machen, warnte AI-Europa-Chef Nicolas Beger zur Vorstellung des Jahresberichts der Menschenrechtsorganisation in Berlin. Mit der Rezession verschärfe sich die Unterdrückung, besonders auf dem ärmsten Kontinent Afrika könnten Unruhen und politische Gewalt zunehmen. In Europa sei eine stärkere Tendenz zu Ausgrenzung und Rassismus zu erwarten.

Als Beispiel nannte Beger die Lage im Senegal und in China. Im Senegal seien Proteste der Bevölkerung gegen die Erhöhung der Lebensmittelpreise unterdrückt worden. In China hätten die Behörden Demonstrationen von Wanderarbeitern, die mit als erste in Massen von der Krise betroffen waren, niedergeschlagen. Arme Menschen hätten kaum eine Chance, sich gegen Gewalt zu wehren oder ihre Rechte durchzusetzen. Schon heute hätten nach einer UN-Schätzung vier Milliarden Menschen keinen Zugang zur Gerichtsbarkeit, also knapp zwei Drittel der Weltbevölkerung.

Amnesty-Generalsekretärin Irene Khan warnte vor "gewalttätigen Ausschreitungen großen Ausmaßes", wenn infolge der Krise Menschenrechte missachtet würden. "Wir sitzen auf einem Pulverfass von Ungleichheit, Ungerechtigkeit und Unsicherheit, das jeden Augenblick explodieren kann." In Staaten wie Tunesien hätten die Behörden schon mit "extremer Härte" auf friedliche Proteste reagiert. Außerdem werde die Krise zur Folge haben, dass noch mehr Afrikaner die lebensgefährliche Flucht über das Meer nach Europa wagen.

In 81 der 157 untersuchten Staaten wird laut Amnesty die Meinungsfreiheit verletzt. In 50 Ländern säßen Menschen wegen ihrer Überzeugung hinter Gittern. 27 Staaten, auch Deutschland, würden unerwünschte Zuwanderer selbst dann abschieben, wenn ihnen Folter, Verfolgung oder die Todesstrafe drohten.

Kritik an Deutschland

In Deutschland kritisiert Amnesty besonders Bestrebungen der Behörden, Abschiebungen in Folterstaaten über "diplomatische Zusicherungen" zu ermöglichen. Zwei Tunesiern drohe die Abschiebung, weil das Innenministerium eine Zusicherung Tunesiens für ausreichend halte, um Risiken für die Männer bei der Rückkehr in die Heimat auszuschließen, bemängelte Amnesty. Die gerichtliche Überprüfung der Fälle dauere noch an. Auch Verhöre durch deutsche Sicherheitsbeamte in Folterstaaten leisteten der Folter Vorschub. Ein Beispiel sei die Befragung eines Terrorverdächtigen in Usbekistan im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen die sogenannte "Sauerland-Gruppe", die Autobombenanschläge in Deutschland geplant haben soll.

Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth nahm den Amnesty-Bericht zum Anlass davor zu warnen, "dass in Zeiten der Wirtschaftskrise Menschen- und Bürgerrechte unter die Räder geraten". Die Linke zog den Schluss: "Die Krise des kapitalistischen Wirtschaftssystems bewirkt eine weltweite Gefährdung der Menschenrechte."

"Apartheid"  in der EU

Auch in zahlreichen anderen Staaten der Europäischen Union prangerte Amnesty Menschenrechtsverletzungen an. Italien, Tschechien und Ungarn beschränkten den Zugang der Roma zu Bildung, Wohnraum, Arbeit und Gesundheitswesen dermaßen, dass es zuweilen an Apartheid grenze. Für Flüchtlinge von außerhalb sei es kaum möglich, in der EU Zugang zu einem fairen Asylverfahren zu bekommen. 67.000 Menschen hätten 2008 versucht, auf dem Seeweg nach Europa zu gelangen. Hunderte oder gar Tausende von ihnen seien ums Leben gekommen. Teils würden Zuwandererboote direkt nach Libyen gebracht, wo Flüchtlinge keinen Asylantrag stellen könnten. Bulgarien, Tschechien, Griechenland, Ungarn, Litauen und Lettland verletzten die Meinungsfreiheit, indem sie gegen Schwulenparaden vorgingen.

Gemischte Bilanz für Obama

Dem US-Präsidenten Barack Obama bescheinigte Amnesty eine gemischte Bilanz. Erst ein Gefangener sei aus dem Lager Guantanamo auf Kuba entlassen worden. Hunderte Gefangene seien unter ähnlichen Bedingungen und ohne Aussicht auf Besserung im US-Lager Bagram in Afghanistan eingesperrt. Das Land habe 2008 das blutigste Jahr seit dem Sturz der radikal-islamischen Taliban erlebt. Folter in der Haft sei dort an der Tagesordnung. Kritische Journalisten würden bedroht, inhaftiert oder ermordet. Für Frauen gehörten familiäre Gewalt, Vergewaltigungen und Zwangsehen zum Alltag. Amnesty forderte daher eine Intensivierung der Polizeiausbildung, an der sich auch Deutschland beteiligt.

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