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Parlamentswahlen: Ungarn steht vor historischem Rechtsruck
Wegen der hohen Auslandsverschuldung stand die Regierung in Budapest schon vor dem Staatsbankrott. Die Bevölkerung macht dafür die seit acht Jahren regierenden Sozialisten verantwortlich. Davon profitiert die konservative Fidesz-Partei - Experten rechnen mit einem Erdrutschsieg der Konservativen bei den Parlamentswahlen.
Nach dem Ausbruch der Finanzkrise Ende 2008 war Ungarn das erste Land, das eine milliardenschwere Finanzhilfe von Internationalem Währungsfonds (IWF) und EU in Anspruch nehmen musste. Wegen der hohen Auslandsverschuldung stand die Regierung in Budapest vor dem Staatsbankrott. Ungarn hatte auch zu wirtschaftlich besseren Zeiten über seine Verhältnisse gelebt. Die jährliche öffentliche Neuverschuldung hat unter den Sozialisten in den zurückliegenden Regierungsjahren zeitweise Quoten von über acht Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreicht.
Nach der jüngsten Umfrage der Budapester Politik-Forscher vom "Perspective Institute" kommt Fidesz derzeit auf einen Stimmenanteil von etwa 57 Prozent. Die künftige Regierungspartei hat während der vergangenen Wochen noch einmal zulegt, ein weiterer Anstieg bis zum Wahltermin ist durchaus noch möglich. Die Sozialisten, die derzeit noch den parteilosen Ministerpräsidenten Gordon Bajnai stützen, können am übernächsten Sonntag mit 15 bis 20 Prozent der Stimmen rechnen. Auch die erstmals antretende rechtsradikale Jobbik-Partei wird voraussichtlich mehr als 15 Prozent erreichen. Innerhalb der sozialistischen Partei wird die verfehlte Politik der Regierung eingestanden, was ganz besonders den Aufstieg der Rechtsextremen ermöglicht habe. "Die Serie der von den Sozialisten begangenen Fehler hat der Jobbik den Weg bereitet", kritisierte der frühere Ministerpräsident Peter Medgyessy.
Die Finanzkrise hat die verfehlte Wirtschaftspolitik der Regierungen in Budapest schonungslos aufgedeckt. Dem seit einem guten Jahr amtierenden Premier Bajnai blieb gar nichts anderes übrig, als dem Land einen harten Sparkurs aufzuzwingen. Im Sozialetat der ungarischen Regierung wurde kräftig gekürzt, Rentner und Beamte müssen heute mit weniger Geld auskommen. Der Internationale Währungsfonds hat besonders darauf gedrängt, dass Ungarn sein Steuersystem neu ausrichtet: weg von direkten zu indirekten Steuern. Deshalb hat die Regierung Bajnai Mitte vergangenen Jahres die Mehrwertsteuer gleich um fünf Punkte auf 25 Prozent heraufgesetzt. Geringere direkte Steuern sollen dabei helfen, die Schwarzarbeit in Ungarn zurückzudrängen.
Neuer Sparkurs kostet Wählerstimmen
Was anfangs kaum jemand für möglich gehalten hat, ist tatsächlich eingetreten: Die Regierung Bajnai hat das Land wirtschaftlich wieder stabilisiert. Die Neuverschuldung ist im vergangenen Jahr trotz Krise unter die Marke von vier Prozent gefallen, die Landeswährung Forint hat binnen Jahresfrist 15 Prozent an Wert gewonnen. Die Nationalbank in Budapest konnte es sich gestern erlauben, die Leitzinsen ein weiteres Mal auf das niedrigste Niveau seit 20 Jahren herabzusetzen. Ungarn wird insgesamt wieder eine positive Zukunft beschieden. "Das Land kehrt zwischen 2011 und 2012 wieder zu Wachstumsraten von drei Prozent zurück", glaubt Frank Gill, Osteuropa-Experte bei Standard & Poor's. Ungarn gilt inzwischen sogar schon als Vorbild für das, was Griechenland erst noch bevorsteht.
Premier Bajnai und den Sozialisten wird die Anerkennung für einen erfolgreich umgesetzten Sparkurs politisch aber nicht mehr helfen. Die alte Regierungspartei wird am übernächsten Sonntag abgewählt, sie hat zu viel Vertrauen in der Bevölkerung verspielt. Fidesz-Chef Orban wird auch international schon als neuer Ministerpräsident des Landes gesehen. Der 46-jährige Politiker hat sich in den vergangenen Wochen bereits mit EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und Währungskommissar Olli Rehn getroffen. Große Sprünge wird allerdings auch die neue Regierung kaum machen können, erste Gespräch mit dem IWF sind schon angedacht.