2009. március 1., vasárnap

1.910 - Von Petra Pinzler | © DIE ZEIT, 26.02.2009 Nr. 10: Die EU muss jetzt ihr altes Versprechen von Solidarität und Sicherheit neu begründen.

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Europa, hilf!

Von Petra Pinzler | © DIE ZEIT, 26.02.2009 Nr. 10

Die EU muss jetzt ihr altes Versprechen von Solidarität und Sicherheit neu begründen. Noch fehlt es an Gestaltungswillen

Europa hat in dieser Krise genau zwei Möglichkeiten. Entweder die Regierungen arbeiten künftig besser zusammen, oder die Europäische Union versinkt in Bedeutungslosigkeit. Das mag drastisch klingen. Doch zeigt sich mit jedem Tag deutlicher: Die guten Zeiten, in denen Union und Euro quasi automatisch als sicherer Schutzschild vor Finanzmarktturbulenzen galten und schon allein deshalb ein gutes Image hatten, sind Geschichte. Vorbei der Traum. Schon bald könnte manchem EU-Mitgliedsstaat das Geld ausgehen. Lettland und Ungarn brauchten bereits Milliardenhilfen, Rumänien bangt, und sogar beim Euro-Mitglied Irland ist alles möglich. Die Gefahr eines Staatsbankrotts ist in all diesen Ländern offensichtlich so groß, dass erstmals der sonst in europäischen Fragen eher spröde Finanzminister Peer Steinbrück öffentlich Solidarität versprach: Deutschland müsse im Notfall finanziellen Beistand leisten.

Viel zu lange hat es an solchen Worten gefehlt. Dabei geht es doch in dieser Krise längst nicht mehr nur um die Frage, ob wir mit den armen Nachbarn im Osten solidarisch sind und ein paar Milliarden springen lassen. Inzwischen steht etwas viel Wichtigeres auf dem Spiel: die Existenzberechtigung Europas.

Die nämlich ist in den vergangenen Monaten immer mehr verblasst, reagierten die Regierungschefs doch auf jede neue Turbulenz immer ähnlich. Gemeinsam diskutierten sie zwar über die beste Medizin, dann aber handelte jeder mehr oder weniger allein, bastelte sein Rettungspaket für seine Banken, sein eigenes Konjunkturprogramm. Viele Regierungen versuchten zudem, ihren Geldsegen möglichst zielgenau nationalen Empfängern zukommen zu lassen. Dass die EU dadurch immer irrelevanter wurde und die Stimmung zwischen den Hauptstädten zunehmend gereizt, wen kümmerte das? Jeder half sich eben, so gut er konnte. Begründung: Wenn die Nation schon in die roten Zahlen rast, soll das auch den eigenen Bürgern nutzen. Schließlich müssen die später die Zeche zahlen.

Funktioniert haben die Alleingänge nicht. Schonungslos legt die Finanzkrise offen, wie sehr Europa vernetzt ist. Wenn unsere Nachbarn pleite sind, wenn deren Regierungen nicht mehr zahlen (von den Banken und Unternehmen ganz abgesehen), beschleunigt das den Abwärtstrend auch hierzulande. Dann müssen weitere Kredite abgeschrieben werden, gehen weitere Märkte verloren und noch mehr Arbeitsplätze.

Schließlich drohen, das zeigt dieser Tage Lettland, auch noch politische Turbulenzen. In Riga ist gerade die Regierung zurückgetreten. In Irland kriselt es, in Griechenland auch. Und in manch osteuropäischem Land wachsen gar ganz grundsätzliche Zweifel an der politischen Klasse, am System, an der Marktwirtschaft – und auch an der europäischen Integration.

Sicher kann man Stabilität nicht dauerhaft kaufen. Aber im deutschen Interesse, da hat Finanzminister Steinbrück recht, wäre ein Versuch, strauchelnde Nachbarn zu retten, allemal. Erfahrungsgemäß ist es billiger und auch politisch klüger, Nachbarn in Not rechtzeitig beizustehen. Allerdings unterläuft dem Minister ein entscheidender Denkfehler: Diese Krise kann nicht mit bilateralen Hilfen, mit dem schnellen Griff in die deutsche Staatskasse gelöst werden. Sie verlangt nach europäischen Antworten. Gemeinsam müssen Europas Regierungen über Hilfen der Starken für die Schwachen diskutieren, gemeinsam müssen sie handeln – aus Solidarität, aus aufgeklärtem Eigeninteresse, auch, um ein europäisches Signal zu setzen.

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