Die konservative Fidesz-MPSZ steht vor Zwei-Drittel-Mehrheit
Ungarn rückt nach rechts
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Budapest. Wer in Ungarn nach den Parlamentswahlen im April das Regierungsruder übernimmt, darüber gibt es kaum noch Zweifel. Die oppositionelle rechtskonservative Fidesz-MPSZ segelt seit langem auf Siegeskurs. Die regierenden Sozialisten (MSZP) stecken seit langem in einem politischen Tief, das sie nicht mehr los lässt.
Fidesz-MPSZ könnte sich nach Meinungsumfragen selbst die Zwei-Drittel-Mehrheit bei den kommenden Wahlen sichern. Vor dem Hintergrund des "Kalten Bürgerkrieges" prophezeien Politologen ein Drei-Parteien-Parlament, in dem außer Fidesz-MPSZ und MSZP die rechtsradikale Jobbik-Partei einzieht.
Schlechte Umfrageergebnisse verursachen auch den beiden prägenden Parteien der Wendezeit in Ungarn vor 20 Jahren Kopfzerbrechen. Sie befinden sich auf den Weg in die Bedeutungslosigkeit. Wären heute Parlamentswahlen, würde der liberale Bund Freier Demokraten (SZDSZ) den Sprung ins Parlament haushoch verpassen. Auch für das oppositionelle konservative Demokratenforum (MDF) ist der Wiedereinzug ins Parlament nicht sicher. Nach Meinungsumfragen könnten diese beiden Parteien nach den Parlamentswahlen im April aus dem politischen Alltag verschwinden.
Dafür stellen neue, kleine Parteien Kandidaten auf und hoffen auf Parlamentspräsenz: die erst im Vorjahr gegründete Reformpartei LMP ("Lehet mas a politika" - "Eine andere Politik ist möglich"), die hauptsächlich um Mitte-Links-Wähler wirbt, sowie die Partei CM (Civil Mozgalom - Zivile Bewegung), die sich um Politikverdrossene bemüht.
Der Wahlsieg der Fidesz-MPSZ ist sicher, doch wie hoch er ausfällt, das ist noch offen. Für eine Zwei-Drittel-Mehrheit müsste sie 258 von 386 Mandaten erreichen. Die unsicheren Wähler, die sich bei Meinungsumfragen nicht outen, sind aber vor allem am linken Rand angesiedelt. Gelingt es den Sozialsten, sie zu mobilisieren, könnte sich bei einem Drittel der Stimmen für sie die Sperrminorität ausgehen – Verfassungsfragen könnten dann nicht ohne die MSZP entschieden werden.
Für Jobbik wiederum wäre der zweite Platz im Parlament hinter Fidesz-MPSZ ein großer Sieg. Im Wahlkampf-Finish tobt ein offener Krieg zwischen Fidesz-MPSZ und Jobbik. Analysten sehen in Jobbik den größten Gegner der Partei von Viktor Orban.
Nach den Parlamentswahlen im April soll in der ungarischen Politik eine neue Zeitrechnung ihren Anfang nehmen - nicht nur wegen des Regierungswechsels, sondern auch wegen einer neu strukturierten Parteienlandschaft. Im Hintergrund könnten die zwei neuen Parteien LMP und CM den Einzug ins Parlament schaffen. Auch die bisherige Konfrontation zwischen Fidesz-MPSZ und den Sozialisten würde abgeschwächt, da Jobbik zum schärfsten Oppositionsgegner aufsteigen könnte. Ob der Wahlsieg von Fidesz-MPSZ den achtjährigen Kalten Bürgerkrieg in Ungarn beendet - das ist völlig offen.
Unzufriedenheit, Hoffnungslosigkeit, Spannungen und Aggressionen waren noch nie so stark in Ungarn präsent. Deswegen werden die Wähler die Wahlversprechen der Parteien nicht vergessen. Enttäuschungen sind vorprogrammiert. Die bisher erfolglose, bittere Medizin der Sparmaßnahmen will die Gesellschaft nicht mehr schlucken. (APA)
Donnerstag, 25. März 2010 09:44:00
Update: Donnerstag, 25. März 2010 09:49:00