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2009. november 10., kedd

3.848 - Von WZ-Korrespondentin Karin Bachmann Wiener Zeitung: Literatur-Nobelpreisträger: "In Budapest haben Antisemiten das Sagen".

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Gesendet: kedd, 2009. november 10. 18:58
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Ungarn: Kertesz bringt Rechte auf die Barrikaden

Von WZ-Korrespondentin Karin Bachmann Wiener Zeitung

Literatur-Nobelpreisträger: "In Budapest haben Antisemiten das Sagen".

Budapest. Ein Interview, das der Literatur-Nobelpreisträger des Jahres 2002, Imre Kertész, der deutschen Tageszeitung "Die Welt" gab, bringt derzeit die politische Rechte in Ungarn auf die Barrikaden. Dabei spielt die Tageszeitung "Magyar Hírlap" eine führende Rolle.

In dem Interview, das Kertész aus Anlass seines 80. Geburtstags am 9. November gab, sagt der jüdische Schriftsteller, in Budapest hätten Rechtsextreme und Antisemiten das Sagen. Außerdem wirft er den Ungarn vor, sich einer angemessenen Aufarbeitung ihrer Geschichte zu verweigern. "Nichts wird aufgearbeitet, alles wird zugeschminkt mit Schönfärberei", so der in Berlin lebende Autor wörtlich.

Im "Magyar Hírlap" konnte Kertész daraufhin lesen, er sei "wurzellos". Ungarische Antisemiten gebrauchen dieses Wort häufig zur Abstempelung jüdischer Intellektueller. Im selben Blatt behauptete László L. Simon, Sekretär des ungarischen Schriftstellerverbandes, Kertész verunglimpfe ständig das Land. Schützenhilfe bekam der Schriftsteller in der linksliberalen Tageszeitung "Népszabadság", wo der Literaturkritiker Sandor Radnoti an die Öffentlichkeit appellierte, sie müsse endlich auch jene heimischen Größen gebührend würdigen, die sich sehr kritisch über Ungarn äußerten. Kertész zufolge wurden seine Äußerungen in der von ungarischen Medien verwendeten Übersetzung falsch wiedergegeben. Doch auch das dürfte ihn nicht davor bewahren, weiter aus dem rechten politischen Lager attackiert zu werden.

Der jüngste Vorfall spiegelt vor allem das seit Jahren gespannte Verhältnis zwischen Kertész und dem rechten politischen Lager Ungarns wider. Dort ist er nicht gut gelitten, weil er schon seit Jahren anprangert, dass der Antisemitismus in Ungarn zunehme, wofür er auch rechtskonservative Politiker verantwortlich macht. Auch Kertész’ Hauptwerk "Roman eines Schicksalslosen", in dem er seine Erfahrungen im Vernichtungslager Auschwitz und im Konzentrationslager Buchenwald verarbeitet, stößt bei der Rechten auf deutliche Vorbehalte. Darin verharmlose er die Dinge, während er ansonsten zu heftigster Polemik neige.

Printausgabe vom Mittwoch, 11. November 2009

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