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Gesendet: Mittwoch, 20. Januar 2010 22:30
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Wessen Bürger sind wir? 20. Jänner 2010, 19:27 derStandard.at
Minderheitenschutz per Doppelstaatsbürgerschaft? - Von Erhard Busek
Dieser Tage geht die Meldung durch die europäischen Medien, dass eine neue ungarische Regierung plane,
den Ungarn in der Nachbarschaft (Slowakei, Rumänien, Serbien etc.) eine Art von automatischer Doppelstaatsbürgerschaft zu eröffnen.
Das ist eine konsequente Weiterentwicklung einer Politik, die bereits frühere Fidesz-Regierungen unter Victor Orbán hinsichtlich der Rechte von Auslandsungarn im Bildungs- und Gesundheitsbereich eingeleitet haben. Weniger beachtet blieb dagegen bisher die Tatsache, dass seit Jahren die Rumänen den Moldawiern eine Doppelstaatsbürgerschaft geben (es ist die Rede von bis zu 300.000 Pässen), dass die Bulgaren Ähnliches mit Mazedoniern machen, und längst selbstverständlich ist es, dass die Herzeg-Bosna-Kroaten einen kroatischen Pass haben, obwohl sie bosnische Staatsbürger sind. Selbstverständlich sind sie auch wahlberechtigt.
Dringender Handlungsbedarf
Die Sache muss auch Österreich interessieren, denn gegenwärtig ist in der politischen Diskussion in Südtirol neben Schlagworten wie "Selbstbestimmungsrecht" und "Los von Rom" auch der Vorschlag um die Wege, eine Doppelstaatsbürgerschaft mit Österreich anzustreben, um auf diese Weise einen Schutz der Minderheit zu erreichen.
Die Auswirkungen sind relativ wenig diskutiert, weil die Wahlberechtigung einer doch immerhin großen Anzahl von Bürgerinnen und Bürgern die Frage nach ihrer Vertretung aufwirft.
An sich gibt es ein europäisches Abkommen gegen Doppelstaatsbürgerschaften, das aber offensichtlich jede Relevanz verloren hat. Die Vorgangsweise der Europäischen Union hinsichtlich der Aufhebung des Visa-Zwanges in Südosteuropa wird nämlich zu einer Vermehrung von Doppelstaatsbürgerschaften führen, weil etwa die Bürger der Republika Srpska als Teil von Bosnien-Herzegowina wahrscheinlich jede Menge serbische Pässe erhalten werden, während die Bosniaken, die keine innere Verbindung zu einem Nachbarstaat haben, auf der Strecke bleiben.
Offiziell gibt es innerhalb der Europäischen Union die Festlegung, dass wir alle europäische Bürger sind, eine Klärung der rechtlichen Konsequenzen dieses Grundsatzes steht allerdings nach wie vor aus.
Es wäre daher dringend erforderlich, eine Diskussion um eine echte europäische Staatsbürgerschaft zu eröffnen, was ein weiterer Schritt als Konsequenz von Schengen wäre. Das geht sicher nicht von heute auf morgen, aber die offensichtliche Unfähigkeit, innerhalb des Konzerts der europäischen Mitgliedstaaten tragfähige Lösungen zwischen Nachbarn zu erzielen, wäre ein Argument, wenigstens auf diesem Gebiet eine gewisse Entspannung zu erzeugen. Bürger abwerben ist sicher keine Lösung der Minderheitenfrage. Ein gemeinsames europäisches Steuerrecht zu entwickeln bleibt wohl bis auf weiteres Zukunftsmusik, eine europäische Staatsbürgerschaft mit gleichen Rechten und Pflichten wäre sicher leichter zu realisieren. (DER STANDARD, Printausgabe, 21.1.2010)
Der ehemalige Vizekanzler und VP-Obmann Erhard Busekwar von 2002 bis 2008 Sonderkoordinator des Stabilitätspakts für Südosteuropa und leitet das Institut für den Donauraum und Mitteleuropa