Ministerpräsident Gordon Bajnai versprach am vergangenen Freitag gegenüber Journalisten, dass er sein Reformprogramm gegen den öffentlichen Widerstand und die ständigen Angriffe der Opposition durchsetzen werde. Sein neues Kabinett sei ,,eine Krisenmanagement- Regierung und keine Wohlfühlregierung“ unterstrich er. ,,Im Verlauf des kommenden Jahres wird diese Regierung weit mehr bedeutende Veränderungen bewirken als jede andere Regierung in den letzten zwölf Jahren während ihrer vierjährigen Legislaturperiode erreicht hat.“, kündigte Bajnai an. Auch wenn es gemäß der Umfragewerte so aussieht, dass der Fidesz die Sozialisten bei der kommenden Europawahl haushoch schlagen wird, geht Bajnai unbeirrt davon aus, dass er sein einjähriges Mandat bis zu den kommenden Parlamentswahlen zu Ende führen wird. Damit trotzt Bajnai auch ersten Protesten aus den Reihen der sozialistischen Parlamentarier und Bürgermeister, die um ihre Ämter und Mandate fürchten. In der kommenden Woche wird das Parlament über die Kürzung der Sozialleistungen in verschiedenen Bereichen entscheiden. Der Premier gab zu, dass diese Maßnahmen für viele ,,schmerzhaft“ sein würden. IWF prüft die Fortschritte Bajnai sagte, dass der 25 Milliarden Dollar schwere Nothilfe-Kredit, die der IWF, die EU und die Weltbank im vergangenen Oktober zur Verfügung gestellt hatten, ausreichen würde, um das Land bis kommenden März über Wasser zu halten. Der Kreditrahmen war mit strengen Bedingungen für den Staatshaushalt verknüpft. Gegenwärtig befinden sich Delegierte der EU und des IWF in Budapest, um Ungarns bisherigen Fortschritt zu bewerten. Die Regierung strebt an, dass die Bedingung, das Haushaltsdefizit für dieses Jahr unter 3% des BIP zu halten, gelockert wird. Bajnai hofft, dass Ungarn sich ab März auf den internationalen Finanzmärkten selbst finanzieren kann. Sollten die wirtschaftlichen Bedingungen weiterhin schlecht bleiben, könnte sich Ungarn für weitere Kredite an die EU und das IWF wenden, ,,aber das kann man jetzt noch nicht wissen“, sagte Bajnai. Auf die Frage, ob die nächste Regierung viele seiner langfristigen wirtschaftlichen Maßnahmen aufheben werde, sagte Bajnai, dass jede zukünftige Regierung eine kostenreduzierende Politik betreiben müsse, ,,wenn sie nicht wollen, dass das Land in einigen Jahren bankrott ist. Ich glaube nicht, dass irgendeine Regierung das riskieren würde“, sagte Bajnai. Die Budapester Zeitung fragte den Regierungschef, inwieweit er schon Kontakte zur Bundesrepublik als wichtigstem Wirtschaftspartner Ungarns aufgenommen habe. Ohne ins Detail zu gehen sagte Bajnai, er habe unlängst in Prag die erste Möglichkeit gehabt, beim Treffen der EU-Regierungschefs kurz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zu sprechen. Eine weitere Chance für ein Gespräch werde sich im August bieten, wenn Frau Merkel anlässlich des 20. Jubiläums der Grenzöffnung 1989 Ungarn besucht. Eine baldige Visite von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier werde ebenfalls erwartet. Freud und Leid Bajnai betonte in diesem Zusammenhang die Bedeutung der Beziehungen Ungarns zur Bundesrepublik: ,,Jeder zehnte ungarische Arbeitsplatz hängt von diesen Beziehungen ab. Wir teilen mit den Deutschen Freud und Leid“, so der Ministerpräsident, der bekannt gab, dass er seine engen Beziehungen zu deutschen Investoren im Rahmen von persönlichen Treffen in Berlin und Frankfurt/Main weiter pflegen wolle. --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- |