Notkredite: Milliarden-Hilfe für Ungarn und Ukraine fixiert27.10.2008 | 18:19 | KNUT KROHN UND MATTHIAS AUER (Die Presse)
Nach der „Rettung“ der beiden Länder braut sich in Rumänien die nächste Krise in Osteuropa zusammen.
initLightbox();Wien/Kiew. Nachdem sich eben erst die Ukraine und Ungarn milliardenschwere Kredite vom Internationalen Währungsfonds neues Kapital gesichert haben, bricht auch noch in Rumänien der finanzielle Notstand aus. Die internationale Ratingagentur Standard & Poor's stuft die Kreditwürdigkeit des Landes bei Fremdwährungskrediten auf „junk“ herab. Grund sei die steigende Abhängigkeit von unsicheren Finanzierungsquellen aus dem Ausland. In den vergangenen vier Jahren hat sich das Volumen der Fremdwährungskredite auf über 22,2 Mrd. Euro mehr als versechsfacht.
Eine Nachricht, die in Österreich vor allem die Erste Bank interessieren dürfte. Sie hält mit ihrer rumänischen Tochter „Banca Comerciala Romana“ (BCR) einen Marktanteil von rund 30 Prozent im Land. Und doch ist das Rating nur das jüngste Indiz für das Ungemach, das sich in der osteuropäischen Bankenszene zusammenbraut.
Auch die Notwendigkeit für die Ukraine und Ungarn, das IWF-Rettungs-Paket in Anspruch zu nehmen, kann als weiteres Indiz gelten. Die Ukraine könnte in wenigen Monaten bankrott sein, warnt der Viktor Bondar, Gouverneur des Gebietes Dnepropetrowsk. Wegen der Finanzkrise und des damit zusammenhängenden Exportrückgangs beschreibt er ein Szenario des Niederganges: „Metallurgiebetriebe werden stillgelegt, die Chemieindustrie, die Kohlegewinnung und der Maschinenbau brechen zusammen. Aus diesem Grund werden die Steuereinnahmen zwischen Dezember 2008 und Mai 2009 drastisch schrumpfen.“ In diesem Abwärtsstrudel werde die Landeswährung Griwna mitgerissen, der Staatsbankrott wäre dann nur eine Frage der Zeit.
Ähnlich dramatisch scheint der Internationale Währungsfonds (IWF) die Gefahr einzuschätzen. Aus diesem Grund wurde am Sonntag in Washington beschlossen, der Ukraine mit einem Rettungspaket in Höhe von 16,5 Milliarden Dollar (13,3 Mrd. Euro) zu Hilfe zu eilen. Mit dem Kredit könne die finanzielle Stabilität des angeschlagenen Landes wesentlich gestärkt werden.
Ungarn nimmt zehn Mrd. Euro
Doch nicht nur die Ukraine ist wegen der Finanzmarktkrise in wirtschaftliche Schieflage geraten. Ebenfalls am Wochenende wurde bekannt, dass sich der IWF auch im Fall von Ungarn für ein Programm zur Stabilisierung des Landes geeinigt hat.
Im Fall von Ungarn werde man dem Land ein „umfangreiches Finanzpaket“ zur Verfügung stellen, sagte IWF-Direktor Dominique Strauss-Kahn in Washington. Beobachter sprechen von einem Paket von mehr als zehn Milliarden Euro. An der Hilfe für Ungarn werden sich neben dem IWF auch einzelne Länder und Organisationen beteiligen. So wird die Europäische Zentralbank (EZB) bis zu fünf Mrd. Euro beisteuern, um Kredite an heimische Banken zu sichern.
Der Kredit wurde gewährt, da sich Ungarn im Gegenzug zu einschneidenden Wirtschaftsreformen bereit erklärt hatte. So sollen Gesetze geändert werden, um das Land attraktiver für Investoren zu machen.
Auch in der Ukraine ist das Hilfspaket des IWF an Reformen gebunden. So hat die Regierung von Ministerpräsidentin Julia Timoschenko Notmaßnahmen ergriffen, um die angeschlagenen Banken vor dem Ruin zu retten. Auf Druck des IWF wird die ukrainische Zentralbank den Kurs der Landeswährung Griwna näher an den tagesaktuellen Wechselkurs binden.
Bisher weicht der offizielle Wechselkurs deutlich von den Marktpreisen ab, da die Zentralbank bei dessen Erstellung weitere Wirtschaftsfaktoren einberechnet.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.10.2008)
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