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Gesendet: Freitag, 7. August 2009 17:40
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Ibbenbürener Volkszeitung: VON MARION FENNER, MÜNSTER „Die Angst werde ich nie vergessen“
Münster-Kinderhaus - Leslie Schwartz hat den Holocaust überlebt. Er kam als 14-Jähriger in die Konzentrationslager Auschwitz und Dachau und musste harte Zwangsarbeit verrichten. Rückblickend sagt er, dass er immer irgendwie Glück im Leben hatte, auch wenn er zwei schwere Jahre in seiner Jugend durchmachen musste. „Die Angst, die ich manchmal hatte, vergesse ich nie“, sagt Leslie Schwartz, der mittlerweile in New York lebt, aber jedes Jahr einige Wochen in Kinderhaus verbringt, da seine Frau als gebürtige Münsteranerin ihre Heimat immer wieder gerne sieht.
Gegen Deutschland hegt Schwartz, der in Ungarn geboren wurde, keinen Groll: „Hier wird etwas gegen Rechtsextremismus getan.“ Ganz anders sehe das zurzeit in seinem Heimatland Ungarn aus. „Es macht mich sehr traurig, wenn ich die politische Entwicklung dort verfolge.“
Leslie Schwartz wuchs in einem kleinen ungarischen Ort auf. „Ich hatte eine sehr schöne Kindheit, besuchte als Jude eine katholische Schule und hatte viele christliche Freunde.“ Er schwärmte für eine Klassenkameradin - das Klassenfoto von damals besitzt Schwartz noch heute. „Wir waren nicht besonders strenggläubig. Ich habe sogar Speck gegessen, weil meine Freunde das auch machten.“
Doch 1944 wurden alle Juden seines Heimatortes in ein Ghetto gebracht. Die glückliche Kindheit war schlagartig zu Ende. Es folgte die Deportation nach Auschwitz. Dort gab es zwei Schlangen, in denen sich die Juden aufstellen mussten: Eine für Frauen und Kinder sowie eine für Männer. „Ich musste meine Muskeln anspannen und wurde der Männer-Reihe zugeteilt - genau wie mein bester Freund Sandor Grosz.“ Seine Mutter sah er hier zum letzten Mal.
Ab sofort war er Häftling Nummer 71253. Von Auschwitz wurde Leslie Schwartz nach Dachau gebracht und musste bei BMW in Allach bei München Zwangsarbeit leisten. Nur ein Soldat habe Mitleid mit dem Jungen gehabt und ihn zeitweise als Aufpasser eingesetzt. „So nett waren aber längst nicht alle unsere Bewacher“, sagt der ehemalige Häftling.
Umso wichtiger war für ihn die Begegnung mit einer Frau, die jeden Tag mit dem Rad am Zwangsarbeiterlager vorbeifuhr. „Ich habe sie gefragt, ob sie etwas zu essen für mich hat.“ „Bub, wir haben selber nichts“, habe sie geantwortet, ihm dann aber doch regelmäßig etwas zugesteckt. Mit Agnes Riesch - so hieß diese Frau - verband Leslie Schwartz eine lange Freundschaft. Zu der Familie hält der US-Amerikaner heute noch Kontakt.
1945 sollten die jüdischen Zwangsarbeiter vor den einmarschierenden US-Truppen versteckt werden. „Unterwegs hieß es plötzlich, wir seien frei.“ Dann seien wieder andere deutsche Soldaten gekommen, es fielen Schüsse, und Leslie Schwartz wurde im Gesicht schwer verletzt. „Ich war zu naiv und hatte mich nicht wie die anderen versteckt.“
Nach Ende des Krieges zog der mittlerweile 16-Jährige zu Verwandten in die Vereinigten Staaten. „Sie haben sich liebevoll um mich gekümmert.“ Auch Sandor habe es in die USA verschlagen. In seiner neuen Heimat konnte Leslie Schwartz die Geschehnisse gut verarbeiten. „Nur wenn ich in Deutschland bin, träume ich von meiner alten Heimat Ungarn, und die Geschehnisse von 1944 und 1945 kommen wieder hoch.“
Leslie Schwartz Lebensgeschichte ist in Dänemark als Buch erschienen. Andere Länder hätten bisher kein Interesse gezeigt. Trotzdem hört der nun 79-Jährige nicht auf, an die Geschichte zu erinnern, „damit so etwas nie wieder passiert“.
VON MARION FENNER, MÜNSTER
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