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Gesendet: Dienstag, 8. April 2008 02:05
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Betreff: Auslöser des terroristischen Angriffs war die Beschwerde einer Kundin
Ungarn und der Rechtsradikalismus: Dann brannte der Kiosk
von Krisztina Koenen, Publizistin
07.04.2008 - 14.48 Uhr
Vor einer Woche ist gegen eine Budapester Ticketagentur, die sich in einem vor dem Krieg überwiegend von Juden bewohnten Bezirk befindet, ein Brandanschlag verübt worden. Zuvor wurde der Verkäufer als „Ratte“ und Zigeuner beschimpft, Budapest als „Judapest“ apostrophiert.
Vor einer Woche ist gegen eine Budapester Ticketagentur, die sich in einem vor dem Krieg überwiegend von Juden bewohnten Bezirk befindet, ein Brandanschlag verübt worden. Die Verantwortung dafür übernahm eine Organisation mit dem Namen „Pfeile der Ungarn – Nationale Befreiungsarmee“. Die Bezeichnung hört sich auf Ungarisch dem Namen der berüchtigten nationalsozialistischen Pfeilkreuzler Organisation, die für die Ermordung vieler Tausend Juden in Ungarn verantwortlich war, zum Verwechseln ähnlich an.
Auslöser des terroristischen Angriffs war die Beschwerde einer Kundin, die für eine rechtsradikale Musikveranstaltung Karten haben wollte. Der Verkäufer, ein junger Roma, kannte die Gruppe nicht. Es kam zu einer lautstarken Auseinandersetzung, die „in ihrem Ungarntum erniedrigte“ Kundin (so eine einschlägige Website) beschuldigte den Mann der antinationalen Gesinnung. Wenige Tage später erschien auf einer rechtsradikalen Website, die aus dem Ausland betrieben wird, ein Foto und der genaue Wohnort des Verkäufers. Er wird als „Ratte“ und Zigeuner beschimpft, Budapest als „Judapest“ apostrophiert. In derselben Nacht brennt das Ticketbüro. Für den gestrigen Tag haben die Pfeilkreuzler zu einer „patriotischen Flashmob-Aktion“ gegen das Ticketbüro aufgerufen.
Der Anschlag auf die Agentur war nicht die erste Tat der Pfeilkreuzler. Im Oktober vorigen Jahres wurden Molotow-Cocktails in die Häuser von zwei sozialistischen Abgeordneten geschleudert, im Dezember wurde ein ehemaliger sozialistischer Abgeordneter auf der Straße zusammengeschlagen, weitere Brandstiftungen vornehmlich gegen Wohnungen von sozialistischen Abgeordneten folgten. Mitte Februar, kurz vor der parlamentarischen Abstimmung über die umstrittene Gesundheitsreform, brannten die Wohnungen von fünf Abgeordneten der Sozialistischen Partei. Der Polizeipräsident versprach für Hinweise, die zur Ergreifung der Täter führen, eine Belohnung von fünf Millionen Forint (etwa 20.000) Euro. Gleichzeitig aber ist man seit bald einem Jahrzehnt außer Stande, die rechtsradikalen Websites zu schließen und ihre Betreiber vor Gericht zu bringen. Über die Identität der Verbrecher, die hinter dem Pfeilkreuzler-Namen stehen, scheint Unklarheit zu herrschen.
Die Pfeile der Ungarn ist die zweite paramilitärische Organisation, die die Tradition der Pfeilkreuzler für sich in Anspruch nimmt. Die im vorigen Jahr gegründete „Ungarische Garde“ hat sich vorerst damit begnügt, in von Roma bewohnten Gegenden zu paradieren und zu provozieren. Während sich die Regierungskoalition von Sozialisten und Liberalen im Streit um die notwendigen Reformen auflöst, beschleunigt sich die Erosion der öffentlichen Ordnung.
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