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Der Lügner als Krisenopfer
Die Presse - Wien,Austria
Ungarn erlebte nach dieser Beichte eine der größten politischen Unruhen seit der Wende. Gyurcsány selbst gab am Samstag zu, dass er an Glaubwürdigkeit ...
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Gyurcsány: Der Lügner als Krisenopfer
21.03.2009 | 18:18 | von Wolfgang Böhm (Die Presse)
Ungarns Premier Ferenc Gyurcsány zieht die Konsequenzen aus nicht bewältigten Reformen. Wer wird sein Nachfolger?
Er war immer ein Mann der Widersprüche. Und dieser Linie blieb Ferenc Gyurcsány auch bei seinem angekündigten Abschied treu: „Ich will nicht gehen, will den Kampf nicht aufgeben“, rief der ungarische Regierungschef am Samstag seinen sozialistischen Parteikollegen zu, um kurz später seine Zuhörer aufzufordern, ihn als Regierungschef abzusetzen. Er zog damit die Konsequenzen aus den nicht bewältigten Reformen, die der krisengeschüttelte Staat dringend benötigt. „Ich habe mich hinsichtlich unserer Kraft und unserer Möglichkeiten geirrt.“
Seit 2004 regiert Gyurcsány. In dieser Zeit rückte Ungarn immer näher an den Abgrund eines Staatsbankrotts. Zuletzt musste das Land einen Notkredit in der Höhe von 25 Milliarden Dollar vom Internationalen Währungsfonds (IWF) aufnehmen. Ferenc Gyurcsány mag durch die eingeschränkten Möglichkeiten einer Minderheitsregierung gehemmt gewesen sein. Doch er selbst hat die Glaubwürdigkeit der politischen Führung untergraben, als er 2006 vor Parteifunktionären zugab, er habe die Bevölkerung im Wahlkampf über die wirtschaftliche Lage belogen. Die unverfrorene Unehrlichkeit in einem Wahlkampf, in dem er Belastungen für die Bevölkerung strikt ausgeschlossen hatte und die Ehrlichkeit, mit der er seine Lügen dann eingestand, hat viele im Land vor den Kopf gestoßen. Ungarn erlebte nach dieser Beichte eine der größten politischen Unruhen seit der Wende. Gyurcsány selbst gab am Samstag zu, dass er an Glaubwürdigkeit eingebüßt habe. „Wenn ich ein Hindernis der Veränderungen bin, dann muss dieses Hindernis jetzt beseitigt werden“.
Noch wollen Beobachter nicht ganz glauben, dass es dem Regierungschef wirklich ernst ist. Denn seinen Hang zur Macht hat er im Laufe seiner politischen Karriere bereits des Öfteren unter Beweis gestellt. Etwa als er seinen ehemaligen Mentor, Ministerpräsident Péter Medgyessy, entthronte, um sich selbst an die Spitze des Staates zu katapultieren. Oder 2006, als er trotz der Massenproteste gegen ihn keinerlei Bereitschaft zum Rücktritt zeigte.
Wer wird Nachfolger? Über einen möglichen Nachfolger gibt es einstweilen nur Spekulationen. Die Sozialisten wollen dem Vernehmen nach den Posten über ein konstruktives Misstrauensvotum im Parlament übergeben. Das setzt aber voraus, dass sie sich zuvor mit den Freien Demokraten und dem Demokratischen Forum auf einen künftigen Regierungschef einigen. Eine mögliche Variante wäre der parteifreie Wirtschaftsexperte und ehemalige Zentralbankchef György Surányi. Aber auch die Sozialisten Peter Kiss und Jozsef Graf werden genannt. Den Parteichefposten will Gyurcsány derzeit noch nicht räumen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.03.2009)
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