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Gesendet: Sonntag, 22. März 2009 18:40
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Kritik an eigener Partei
Ungarns Premier gibt entnervt auf
Erstellt 22.03.09, 18:18h
Ungarns Premier Ferenc Gyurcsany hat seinen Rücktritt erklärt. Er hat in der Finanzkrise das Vertrauen seiner Landsleute eingebüßt. In zwei Wochen soll auf einem außerordentlichen Parteikongress ein Nachfolger gekürt werden.
Ungarns Premier Ferenc Gyurcsany hat am Wochenende seinen Rücktritt erklärt, weil er sich außerstande sieht, das Land trotz internationaler Milliardenhilfe aus der tiefen Rezession zu führen. Anzeichen eines Abgangs gab es schon seit Wochen. Denn in der Sozialistischen Partei (MSzP) hatte sich großer Unmut aufgestaut, die jüngste Umfrage war nur noch der Auslöser: Demnach schenkten nur noch 18 Prozent der Ungarn ihrem einstigen Hoffnungsträger und Premier Ferenc Gyurcsany, seit 2004 an der Macht, das Vertrauen. So unbeliebt war noch kein Regierungschef seit der Wende vor 20 Jahren.
In fast beleidigtem Ton zog Gyurcsany im Parteivorstand die Konsequenz: „Es heißt, ich bin das Hindernis für einen Neubeginn. Wenn das so ist, will ich nicht mehr das Hindernis sein.“
Von allen osteuropäischen EU-Neumitgliedern wurde Ungarn von der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise am härtesten getroffen. Nicht einmal die bereits zugesagte internationale Finanzhilfe von rund 25 Milliarden (mehr als 18 Millionen Euro) Dollar dürfte ausreichen, um eine tiefergreifende Rezession zu verhindern. Ungarn, nach der Wende noch Reformvorreiter, ist mittlerweile zum größten Sorgenkind der EU geworden. Die Rezession wirkt sich wesentlich schärfer als anderswo in Osteuropa aus, weil Ungarns Regierungen seit der Wende vor 20 Jahren die nötigen Reformen im aufgeblähten Staatsapparat sowie im Sozial- und Gesundheitswesen immer wieder verschleppt haben. Während andere östliche Nachbarländer 2009 noch mit geringem Wachstum rechnen, droht Ungarn ein Minus von über fünf Prozent. Viele Ungarn sind hochverschuldet: Sie geben der Regierung die Schuld, weil der Verfall der Landeswährung Forint ihre Devisenkredite - meist in Schweizer Franken - dermaßen verteuert, dass sie die Rückzahlungsraten nicht mehr verkraften können. Jetzt drohen durch die Rezession auch noch mehr Arbeitslosigkeit und Einkommensverlust.
Erst vor knapp drei Jahren versuchte Gyurcsany, mit seiner berühmt gewordenen „Lügenrede“ das Ruder herumzureißen: Nach der überraschend gewonnenen Wahl im Frühjahr 2006 gestand er freimütig ein, dass die postkommunistische MSzP die Bevölkerung aus wahltaktischen Gründen jahrelang belogen und den wahren Zustand des Landes verschleiert habe. Seither bemüht sich Gyurcsany, nicht zuletzt auf massiven Druck der EU, dem Land die längst fällige Rosskur zu verpassen.
Die Reformen blieben indes Stückwerk. Vor knapp einem Jahr verließ der sozialliberale Juniorpartner SzDSz die Koalition. Die Amtszeit des 47-jährigen Regierungschefs - ein ehemaliger Komsomolze, der über fragwürdige Immobiliengeschäfte in den Neunzigerjahren zu einem der reichsten Männer Ungarns aufgestiegen war - wird widersprüchlich bewertet. Seinen Kritikern galt er als zu sprunghaft und planlos, seine Anhänger glauben, er habe Ungarn bislang wenigstens vor dem völligen Staatsbankrott bewahrt.
Auch hatte Gyurcsany oft gegen die eigene MSzP und deren Reformunwilligkeit regieren müssen. Das sagte er in seiner Rücktrittsrede den Genossen unverblümt ins Gesicht: In der Partei dominiere „persönliche Machtpolitik und Mangel an Innovation“, was seine Möglichkeiten und Durchsetzungskraft eingeschränkt habe. Dennoch will Gyurcsany Parteichef bleiben. Er macht lediglich den Weg für einen Neubeginn frei. Dafür bleibt bis zu den nächsten Parlamentswahlen im April 2010 noch etwas Zeit. In zwei Wochen soll auf einem außerordentlichen Parteikongress ein Nachfolger gekürt werden. Unter mehreren Bewerbern ist jedoch ein Favorit nicht in Sicht.
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