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Gesendet: Montag, 14. Dezember 2009 14:27
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Auf die Bezeichnung Zigeuner kann nur Solidarität die Antwort sein
Népszava v. 09.12.2009 > haGalil onLine > Übersetzt von Karl Pfeifer > Népszava v. 09.12.2009
Wer das Schicksal seiner Nation, die Politik oder die Kunst ernst nimmt, der kann, wenn er den Ausdruck „Zigeuner“ hört, nur an ein Wort denken: Solidarität. Es gibt keinen anderen Weg. Anlässlich der Eröffnung des I. europäischen ungarischen Zigeuner Filmfestivals sprach gestern Csaba Molnár, Kanzleramtsminister über dieses Thema. Es folgt die redigierte Version seiner Rede…
„Wir hätten nicht gedacht, dass zwanzig Jahre nach der institutionellen Einführung der Demokratie und des Rechtstaates irgendjemand Angst haben muss, weil er Roma ist.“ Auf die Bezeichnung Zigeuner kann nur Solidarität die Antwort sein.
Es ist keine Übertreibung, wenn ich sage, dass wir bereits auf dieses Festival warteten. Es ist keine Übertreibung, wenn ich sage, dass dieses Festival mehr ist als die Vorführung einer Reihe von Filmen. Es ist keine Übertreibung, wenn ich behaupte, dieser Tag sei ein Fest und ein bedeutender Schritt in die Richtung, dass die Zigeuner im kulturellen Gedächtnis den ihnen gebührenden Platz besetzen.
Dieser Filmfestival handelt nicht von Politik, doch er birgt eine politische Botschaft und zwar: Das ist nur die Anerkennung, der Integration und des Nebeneinander der parallelen Kulturen, ein Pfand dafür, dass wir nach Jahren ohne irgendeine negative Konnotation, an dieses Fest denken werden.
Warum rede ich von negativer Konnotation? Im heutigen Ungarn ist es sehr schwer Zigeuner zu sein. Obwohl gerade vor zwanzig Jahren die Wende begann, mit dem Versprechen, dass jeder Staatsbürger unserer Heimat gleich sein wird, dass jeder anerkannt sein wird, dass es keine von oben erzwungene Identität geben wird, dass die Indentitäten in Frieden und in der kulturellen Verwirklichung nebeneinander leben werden. Dieses Projekt der Freiheit hat nicht seinen Wert verloren, der Inhalt war nicht fehlerhaft, nur die Ausführung erwies sich als schwer.
Wir dachten, dass die Freiheit uns nicht in das Schoß fällt, und das wir die Tag für Tag erkämpfen müssen. Aber vielleicht haben alle gedacht, dass dieser Kampf nach Jahren zu Ende geht und die allen zustehenden gleichen Chancen und die Freiheit alltägliche Tatsache werden. Es ist nicht so geschehen, das bedeutet aber nicht, dass dies ein verlorener Kampf wäre, oder das wir diesen aufgeben müßten.
Wir hätten nicht gedacht, dass zwanzig Jahre nach der institutionellen „Einführung“ der Demokratie und des Rechtstaates irgendjemand Angst haben muss, weil er Roma Abstammung ist. Wir hätten nicht gedacht, dass die Roma Gesellschaft einem solchen Ausmaß der Erniedrigung und der Stigmatisierung ausgesetzt sein wird, wie in diesen Tagen. Vor vielen Jahren sah ich den 1970 gedrehten Dokumentarfilm „Der schwarze Zug“, der zeigt wie Arbeiter aus dem Komitat Szabolcs – darunter viele Roma –zwischen ihren Siedlungen und Budapest pendelten. Der Dokumentarfilm hat realistisch rekonstruiert, dass die über Wohlstand und Gerechtigkeit postulierte parteistaatliche Propaganda nicht mehr als ein Irrglaube war. Wir glaubten, dass eine schlechtere existenzielle Lage nicht möglich wäre, als Wochen, Monate fern sein von der Familie, von der gewohnten Umgebung.
Im Vergleich dazu ist es noch schlechter „gekommen“. Ich möchte nur ein Beispiel geben, und zwar den Film „Es gibt keine Gnade“ von Elemér Ragályi. Diesen Film müßte man auch im Hauptprogramm vorführen, denn was er zeigt, ist eine der schmerzlichen Geschichten unserer Gegenwart.
Der Dénes Suha im Film „Es gibt keine Gnade“ gerät unschuldig ins Gefängnis, und im Hintergrund steht das Handicap, welches von der Armut erzeugt wird. Das ist die Lage, wenn jemand allein bleibt, wenn man ihm keine helfende Hand reicht.
Wenn ein gutgläubiger, unschuldiger aber armer Mensch keine Ahnung hat, wie er sich gegen die Unanständigkeit verteidigen soll. Wenn die Güte zu einer Zeit in Frage gestellt wird, in der man von der Vervollkommnung der Solidarität sprechen sollte.
Vielleicht können uns die Filme von Kusturica all die schweren Tage vergessen lassen, aber in manchen Momenten wird das ein schweres Filmfestival sein. Jedoch habe ich eine Hoffnung: wo die Politik und die Medien keine dauerhafte Lösung finden, könnte dies durch die Kunst geschehen. Die Kunst ist noch so sauber, und hat noch die Kraft des Lichts, um den Standpunkt der ungarischen Gesellschaft zu ändern.
Denn die Antwort auf die Armut ist nicht Rassismus sondern Solidarität!
Wer das Schicksal seiner Nation, die Politik oder die Kunst ernst nimmt, der kann, wenn er den Ausdruck „Zigeuner“ hört, nur an ein Wort denken: Solidarität. Es gibt keinen anderen Weg. Als Politiker muß ich es auf mich nehmen, dass ich es offen sage auch anstatt anderer: wir haben genug von den verdunkelten Autos, die in Armenviertel parken, von den an den Dorfrändern marschierenden [ungarischen] Gardisten, von zynischen Politikern, rassistischer Presse, von pseudo-Berichtsfilmen die eine „Zigeunerkriminalität“ konstruieren. Wir haben genug davon, dass zu irgendeiner religiösen, abstammungsmäßigen oder sexuellen Minderheit gehörender Mitbürger während seines Spaziergangs zum Boden schaut, dass er nicht einfach anderen Menschen vertrauen kann. Und zwar, weil man auch diese Möglichkeit weggenommen hat.
Dieser Filmfestival läßt uns die Möglichkeit hoffen, dass es nicht immer so sein wird. Er birgt die Hoffnung, dass die ungarische Gesellschaft kulturell erstarkt auch mit den Erfahrungen der Roma Gesellschaft und dass wir die Tatsache akzeptieren, dass das was mit den Roma geschieht, mit uns geschieht, dass ihre Armut unsere Seele belastet.
Dieses „Kinofest“ soll der Hoffnung auf kulturelle Begegnung und Offenheit gewidmet sein!
Ich schließe meine Begrüßung mit einem Filmerlebnis, und zwar mit dem Werk „Hier ist die Freiheit“. Der Film „handelt“ zur Zeit der Wende, doch für mich ist eines der eingefügten von Ando Drom gesungenes wunderschönes Lied „Grün ist der Wald“, das hier als die Hymne der Zigeuner bekannt wurde, bleibend.
Mit einer seiner Zeilen verabschiede ich mich, die so lautet: „Gott sei uns gnädig, damit unser Volk nicht weiter leidet. Ich glaube, um mehr können wir auch heute nicht bitten.