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Gesendet: Montag, 10. Mai 2010 12:39
An: jozsef@kutasi.eu
Betreff: Ungarn, Lettland und Rumänien…
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Financial Times Deutschland
Drama um Währungsunion Die Löcher im Rettungsschirm
Mehr als zwölf Stunden verhandelten die Finanzminister der 16 Euroländer hinter verschlossenen Türen im Brüsseler Ministerrat über das Sicherungspaket für den angeschlagenen Euro. FTD.de analysiert die Schwächen der Nothilfen. von Tobias Bayer Frankfurt und Christine Mai Frankfurt
- Einigung in Brüssel EU schnürt 750-Milliarden-Paket zur Euro-Rettung
- Dank Rettungsplan Euro feiert Comeback
- Hilfspaket für Griechenland Viel Geld und viele offene Fragen
- Euro-Treffen in Brüssel Schäuble im Krankenhaus
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Die Märkte feiern den Rettungsschirm für die Euro-Zone. Der Euro steigt, griechische Anleihen erholen sich. Auch an den Börsen herrscht Erleichterung. Die Experten der UBS sprechen von "Mega-Paket", Unicredit-Volkswort Marco Annunziata nennt es "überwältigende Kraft". In Anlehnung an Ex-US-Finanzminister Henry Paulson und sein Bankenrettungspaket macht sogar das Wort "Bazooka" die Runde.
Doch bei näherer Betrachtung sind viele Fragen ungeklärt. "Die Hilfen sind nur in groben Zügen zu verstehen", schreiben die Experten von High Frequency Economics. "Hätten wir griechische Bonds in unserem Portfolio, würden wir sie verkaufen." Viktor Hjort, Kreditanalyst bei Morgan Stanley, sieht ein grundsätzliches Problem: "Das Paket ändert nichts daran, dass die Zahlungsfähigkeit mehrerer Euro-Staaten bedroht ist. Letzten Endes müssen die Länder ihren Haushalt in Ordnung bringen. Das Paket sichert nur Zeit."
FTD.de beantwortet die wichtigsten Fragen rund um die 750-Mrd-Euro-Hilfen.
Wie sieht der Rettungsschirm aus?
EU-Währungskommissar Olli Rehn muss viele Fragen beantworten
Der 750 Mrd. Euro große Rettungsschirm gliedert sich in drei Teile. Die EU-Kommission stellt 60 Mrd. Euro zur Verfügung. Diese soll sie im Rahmen der EU-Zahlungsbilanzhilfe aufnehmen. Zahlungsbilanzhilfen waren bisher nur für EU-Staaten außerhalb der Euro-Zone möglich. Ungarn, Lettland und Rumänien erhielten solche Kredite.
Hinzukommen weitere 440 Mrd. Euro in Form von Garantien und Krediten durch die Mitgliedsstaaten der Euro-Zone. Diese sollen nur unter strengen Auflagen ähnlich denen des Internationalen Währungsfonds (IWF) ausgezahlt werden.
250 Mrd. Euro stellt der IWF zur Verfügung. Die Gelder sollen im Rahmen seiner bestehenden Hilfsprogramme zur Verfügung gestellt werden. IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn nannte keine explizite Summe, gab aber zu verstehen, dass sich der Währungsfonds zu gleichen Teilen beteiligen will, wie bei der bisherigen Griechenland-Hilfe.
Die Europäische Zentralbank (EZB) leistet ebenfalls einen Beitrag. Sie wird Staatsanleihen und private Wertpapiere aufkaufen. Bislang erwirbt sie nur 60 Mrd. Euro an besicherten Anleihen ("Covered Bonds"). Der Umfang des Programms steht noch nicht fest. Darüber hinaus erneuerte sie ein Währungstauschprogramm mit der US-Notenbank Fed und versorgt die europäischen Banken mit drei- und sechsmonatigen Tendern.
Wie wird das Volumen der Nothilfen eingeschätzt?
EU-Kommissar Olli Rehn and Spaniens Wirtschaftsministerin Elena Salgado stellen die Hilfen vor
Aus Sicht der Marktteilnehmer ist der Rettungsschirm von 750 Mrd. Euro ausreichend. Laut Holger Schmieding, Europa-Chefvolkswirt von Bank of America Merrill Lynch, deckt er den Refinanzierungsbedarf Portugals, Spaniens und Irlands dieses und nächstes Jahr locker ab. Die drei Länder müssten in den beiden Jahren noch knapp 122 Mrd. Euro stemmen.
Selbst wenn die Haushaltsdefizite dieser Staaten bei fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts lägen, was den Kapitalbedarf um 115 Mrd. Euro erhöhen würde, wäre das Geld ausreichend. "Egal, von welchem Winkel wir das betrachten, sind die Hilfen, gemessen an dem Kapitalbedarf Portugals, Spaniens und Irlands, enorm. Es wäre auf jeden Fall genug übrig, um auch einem anderen Land wie Italien zu helfen."
Citigroup-Volkswirt Jürgen Michels kommt auch über den Zeitraum von drei Jahren zu einem positiven Urteil. Portugal und Irland müssten nach seiner Rechnung bis einschließlich 2012 jeweils 70 Mrd. Euro aufnehmen, Spanien käme auf 400 Mrd. Euro. "Die Hilfen sind aus unserer Sicht umfangreich. Im Gegensatz zu den ersten Rettungsaktionen ist dieser Beschluss mutig und dürfte auch wirksam sein", sagte Michels.
Wie werden die Nothilfen finanziert?
Bei der Finanzierung gibt es noch große Unsicherheiten. Nach Aussagen von EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn sind die Zahlungsbeihilfen von 60 Mrd. Euro am einfachsten zu aktivieren. Sie könnten, so die Interpretation der Marktteilnehmer, aus dem laufenden EU-Budget finanziert werden. Bank-of-America-Volkswirt Schmieding hält es auch für möglich, dass die Kommission selbst Anleihen begibt. Erfahrung damit hat die Brüsseler Behörde: Schon zur Finanzierung der Osteuropa-Hilfe griff die EU auf die Mittel zurück.
Fraglich sind die 440 Mrd. Euro, die für Garantien und bilaterale Kredite durch die Mitgliedsstaaten der Euro-Zone bereitgestellt werden sollen. Sie sollen über eine Zweckgesellschaft kanalisiert werden. Der rechtliche Rahmen muss noch festgezurrt werden. Außerdem müssen die einzelnen Staaten zustimmen. Das Kabinett will die Nothilfen laut Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Dienstag beschließen.
Mit Blick auf die angespannte Finanzlage vieler europäischer Staaten bezweifeln Experten die Substanz der in Aussicht gestellten 440 Mrd. Euro. "Der Finanzierungsteil, der auf die Euro-Mitgliedsländer entfällt, ist kaum als wirkliche Hilfe zu werten, da die einzelnen Länder solche Summen wohl kaum aufbringen könnten", schrieben die Analysten der Commerzbank. "Sollten Portugal und Spanien tatsächlich Hilfe benötigen, blieben nur noch 13 Staaten als Geberländer zur Finanzierung."
Wie sicher ist die rechtliche Basis für den Rettungsschirm?
Der EU-Vertrag verbietet in Artikel 125 Rettungsaktionen für einzelne Länder. Die EU oder Mitgliedsstaaten dürfen demnach keine Zahlungsverpflichtungen von öffentlichen Stellen von EU-Staaten übernehmen. Artikel 123 schließt überdies direkte Hilfen der EZB oder nationaler Zentralbanken aus. Kredite sind ebenso verboten wie der Kauf von Schulden. Zahlungsbilanzhilfen sind bisher nur für EU-Staaten außerhalb des gemeinsamen Währungsraums möglich - Ungarn, Lettland und Rumänien haben solche Kredite erhalten.
Die Europäische Kommission und die Euro-Zone stützen sich für den Rettungsschirm jedoch auf Artikel 122, wonach direkten Hilfe unter bestimmten Bedingungen erlaubt ist - nämlich dann, wenn Mitgliedsländer durch "außergewöhnliche Umstände, die sich ihrer Kontrolle entziehen", in Schwierigkeiten geraten. Explizit genannt werden hier Naturkatastrophen.
Rechtliche Grauzone
Diese Argumentation könne auf die gegenwärtige Lage am Markt umgemünzt werden, schreibt Bank-of-America-Volkswirt Schmieding. Wenn Länder wie Griechenland oder Portugal gegen ihre Defizite ankämpfen, könne die EU eine Weigerung der Investoren, diese Länder zu finanzieren, Verwerfungen an den Märkten und damit Umständen außerhalb der Kontrolle dieser Länder zuschreiben. "Das scheint der Weg zu sein, den Europa einschlagen will."
Dieser Ansatz stößt allerdings auf Skepsis. "Mit der Berufung auf Artikel 122 befinden sich die Hilfen rechtlich durchaus in einer Grauzone", schreiben die Devisenstrategen der Commerzbank. "Wir haben wiederholt darauf aufmerksam gemacht, dass es keinesfalls lediglich 'böse Spekulanten' sind, die den Euro derzeit unter Druck bringen. Genau diese Begründung wird nun aber von der EU-Kommission verwendet, um die möglichen Hilfszahlungen zu rechtfertigen." Sie verweisen darauf, dass in Deutschland bereits eine Klage einiger Professoren gegen die Hilfe für Griechenland beim Bundesverfassungsgericht anhängig ist.
Auch gegen das neue Paket ist eine Klage möglich. "Wir prüfen derzeit eine neue Beschwerde", sagte der Euro-Skeptiker Joachim Starbatty der Nachrichtenagentur Reuters. Starbatty gehört zu der Gruppe von Professoren, die bereits gegen die Griechenland-Hilfen der Euro-Länder Beschwerde eingereicht hatten. "Der Beschluss von Sonntagabend bestätigt unsere Zweifel, dass hier die parlamentarischen Rechte ausgehöhlt werden", sagte er mit Blick auf das Treffen der Finanzminister in Brüssel. Es gebe eine Vorentscheidung über Hilfen in riesiger Höhe, ohne dass das Parlament gefragt worden sei.
Schmieding rät allerdings dazu, mögliche Regeländerungen und wenig ermutigende Präzedenzfälle zu beachten. "Die Geschichte hat gezeigt, dass EU-Verträge und -Protokolle flexibel ausgelegt werden können, wenn das nötig ist. Als Deutschland erstmals die im Stabilitäts- und Wachstumspakt festgelegte Defizitgrenze von drei Prozent (des Bruttoinlandsprodukts) brach, kam es damit durch", schreibt der Volkswirt. "Letztlich wurde der Pakt angepasst, um politischen Bedürfnissen zu entsprechen."
Welche weiteren Schritte sind notwendig?
Die finanziellen Hilfen sind bereits mit Verpflichtungen zur Sanierung der Staatsfinanzen und Kontrollrechten für Brüssel verbunden. Spanien und Portugal müssen beim Treffen der Finanzminister am Dienstag kommender Woche über weitere Sparprogramme berichten. Spanien will bis diesen Mittwoch Sparpläne vorlegen, die 0,5 Prozent des BIP ausmachen sollen. Portugal will weitere 1 Prozent des BIP einsparen.
Experten sind skeptisch. "Der Teufelskreis aus einer strafferen Fiskalpolitik und schrumpfendem Wirtschaftswachstum (anhaltender Rezession) ist immer noch da", schreibt Citigroup-Ökonom Michels. "Wir denken daher, dass selbst diese mutigen Schritte nicht in der Lage sein werden, die angespannte Euro-Peripherie auf einen nachhaltigen fiskalischen Kurs zurückzubringen. Deshalb glauben wir, dass das Risiko einer Umschuldung in Portugal, Spanien, Irland und Griechenland mittelfristig hoch bleibt." Die Devisenstrategen der Commerzbank verweisen zudem auf die Gefahr, dass die strengen Auflagen aufgeweicht werden könnten, "wenn der Sturm an den Finanzmärkten erst einmal abgeflaut ist".
"Potenzielle Deflation" bei den Südeuropäern
Außerdem werden die grundlegenden Probleme der Euro-Zone nicht angegangen. Experten verweisen seit längerem auf die vor allem durch höhere Lohnkosten gesunkene Wettbewerbsfähigkeit der südlichen Euro-Länder und den Bedarf an Strukturreformen, etwa auf dem Arbeitsmarkt. "Diese Schritte sind so konstruiert, dass sie lediglich den Weg für bedeutende Strukturanpassungen ebnen, die die Volkswirtschaft des Euro-Raums durchführen muss, um ihre derzeitigen internen Ungleichgewichte zu korrigieren, sie lösen die Probleme nicht", schreiben Devisenstrategen von Barclays Capital mit Blick auf den Rettungsschirm.
"Die Länder der Peripherie haben deutliche Einbußen bei der Wettbewerbsfähigkeit hinnehmen müssen, weil ihre Inflation höher ist als die anderer Staaten inner- und außerhalb der Euro-Zone." Sie bräuchten eine Abwertung des realen Wechselkurses, was sie in der Euro-Zone über eine "potenziell bedeutende Deflation" erreichen müssten. Außerdem seien harte mikroökonomische Reformen notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.