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Gesendet: Samstag, 30. Januar 2010 11:17
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Roma sind weiterhin ohne Schutz Die Minderheit wird in Osteuropa weiter diskriminiert
RAG/BUDAPEST - Halbzeit der «Dekade der Roma«: Die Initiative soll die Situation der Minderheit in Osteuropa verbessern, doch Menschenrechtlern ist wenig nach Feiern zumute.
Im Dezember wurde Natalka Sivakova aus dem Krankenhaus entlassen. Mehr als sieben Monate musste die Zweijährige dort wegen der Verletzungen behandelt werden, die sie bei einem Anschlag Rechtsextremer im tschechischen Vitkov erlitten hatte. 80 Prozent ihrer Körperoberfläche waren verbrannt. Natalka ist Roma, und eigentlich sollte es ihr Jahrzehnt werden.
Immer mehr Attacken
Der Brandanschlag von Vitkov ist nur ein Beispiel für die zunehmenden Attacken auf Roma in Osteuropa im fünften Jahr der «Dekade der Roma-Inklusion«. Diese Initiative hatten Menschenrechtler mit Hilfe der EU am 1. Februar 2005 im bulgarischen Sofia gegründet. Damals ließ sich viel Prominenz blicken. Doch denen, die Tag für Tag für die immer noch oft als «Zigeuner« Beschimpften kämpfen, ist zur Halbzeit wenig nach Feiern zumute.
Die Regierungen von zwölf Staaten, von Ungarn und Mazedonien über Albanien bis Rumänien, verpflichteten sich auf die Ziele der «Dekade«: Die Integration der Roma soll verbessert werden, vor allem durch Bildungsangebote und die Erhöhung der Romaquote in Politik und Verwaltung. Die EU unterstützt dies zwar formell, allerdings nicht finanziell. Federführend bei der Initiative ist das Open Society Institute (OSI). die Organisation des ungarischstämmigen US-Milliardärs George Soros. Dass ausgerechnet ein privater Akteur ein so ambitioniertes Projekt übernimmt, zeigt laut Tiborc Fazekas, Ungarn-Experte an der Universität Hamburg, das eigentliche Problem: Die neuen EU-Staaten seien weder fähig noch willens, sich um Minderheiten zu kümmern.
Fehler der EU
Auch Menschenrechtler Robert Kushen vom European Roma Rights Centre in Budapest räumt ein, dass die Staaten bisher nur sehr wenige konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Situation unternommen haben. Die «Dekade« formuliere vor allem Ziele, zwinge Regierungen aber zu nichts. Deshalb sieht er es als Fehler, die EU nicht offensiver mit einbezogen zu haben, um so Druck auf die Staaten zu machen.
Nadir Redzepi vom «Roma Bildungsfonds« aus Mazedonien sagt, dass die meisten Roma-Aktivisten die «Dekade« für eine «laute Aktion mit schwachen Ergebnissen« halten. Der EU gesteht er zu, interessierter am Thema zu sein als nationale Regierungen - immerhin verurteilen europäischer Rat und EU-Parlament regelmäßig schlimme Diskriminierungen. Wohl keine Gruppe ist so verarmt, verhasst und an den Rand gedrängt wie die Roma. Die Arbeitslosenquote unter ihnen liegt in manchen Gegenden bei über 90 Prozent. In Ungarn herrscht faktisch Segregation, sagt Fazekas: Nicht-Roma-Eltern nehmen ihre Söhne und Töchter aus Schulen, in die Roma gehen. «Die Klassen kippen«, sagt er. Überproportional viele junge Roma werden als lernbehindert eingestuft - und landen auf Sonderschulen. So kommen sie kaum in Kontakt zur Mehrheitsbevölkerung, sozialer Aufstieg wird unmöglich.
Die EU hat versagt
Die Schwäche der Regierungen ist das größte Hindernis auf dem Weg zu besserer Integration. Seit dem Systemwechsel Anfang der neunziger Jahre «prasseln Probleme auf die Staaten ein«, sagt Fazekas. Minderheitenpolitik bleibt auf der Strecke. Dass jetzt das OSI diese Rolle übernimmt, sei aber kein Freibrief für die Regierungen, weiter untätig zu bleiben. Verschärft wird die Lage durch die Finanzkrise: Rechtsextreme erklären Minderheiten zu den Schuldigen, neben der Hetze gegen Roma nimmt auch der Antisemitismus zu. In Ungarn erreichte die offen faschistisch auftretende Jobbik-Partei bei der Europawahl im Juni 15 Prozent der Stimmen.
Immerhin: Die «Dekade« hat bisher erreicht, dass die Politik die Rechte der Roma überhaupt wahrnimmt. Ihr Anteil in der Verwaltung ist in einigen Ländern gestiegen. Ungarns neuer Ministerpräsident Gordon Bajnai spricht das Problem bei seinen Reden im Parlament offen an – allerdings stets unter hämischen Zwischenrufen von rechts. Bisher hat auch die EU versagt. Dabei sind es mehrere Millionen Europäer, die Europas Hilfe brauchen.
Jannis Brühl 30.1.2010