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2008. december 28., vasárnap

1.462 - Jungle World Nr. 52, 23. Dezember 2008: Der Trägerverein der rechtsextremen Ungarischen Garde ist von einem Budapester Gericht aufgelöst worden.

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Betreff:
Und die Rechtsextremen sind in Ungarn keines­wegs isoliert.

 

 

Karl Pfeifer: Ungarische Faschisten

Jungle World Nr. 52, 23. Dezember 2008ausland

Ein Idol und ein Beispiel

Der Trägerverein der rechtsextremen Ungarischen Garde ist von einem Budapester Gericht aufgelöst worden. Doch in der ungarischen Gesellschaft sind die Faschisten keineswegs isoliert.

»Die Ungarische Garde ist unauflösbar, sie wird ihre die Nation und die Gesellschaft rettende Tätigkeit fortsetzen.« Mit diesen Worten kommentierte Gábor Vona, Vorsitzender der rechtsextremen Jobbik-Partei und zugleich Gründer der para­militärischen Ungarischen Garde, ein Urteil des Budapester Stadtgerichts, das den Trägerverein der Magyar Gárda in der vergangenen Woche auf­gelöst hatte. Der Verein jage den Roma in Ungarn und anderen Minderheiten Angst ein und verstoße mit seinen Aktivitäten gegen das Vereinsrecht, hieß es in der Urteilsbegründung.

Die im Jahr 2007 gegründete Ungarische Garde hat bislang vor allem uniformierte Aufmärsche in Roma-Siedlungen organisiert und hetzt gegen eine angeblich aus­ufernde »Zigeunerkriminalität«. Weil sie sich aber als »Bewegung« versteht und daher nicht unter das ungarische Vereinsrecht fällt, gehen Beobachter davon aus, dass die Auflösung des Trägervereins nicht unbedingt ein Ende der Aufmärsche zur Folge hat. Zudem haben die Anwälte des Trägervereins angekündigt, Berufung gegen das Urteil einzulegen.

Und die Rechtsextremen sind in Ungarn keines­wegs isoliert. Die katholische, die reformierte und die evangelische Kirche haben keine Berührungsängste, und so weihten auch Kleriker die Fahnen der Ungarischen Garde. Sie setzten damit eine unheilvolle Tradition fort, denn es waren ihre Bischöfe, die 1938 für die Juden diskriminierenden Gesetze gestimmt und damit auch den Boden bereitet hatten für die Tragödie des ungarischen Judentums 1944.

Zu einem weiteren Eklat kam es Anfang Oktober. Da hielt der stellvertretende Sprecher des ungarischen Parlaments, Sándor Lezsák von der konservativen Oppositionspartei Fidesz, eine Rede bei der Enthüllung einer Statue des 1927 ver­storbenen katholischen Bischofs Ottokár Pro­hászka und verteidigte ihn gegen den »geistigen Terror«, der in Ungarn derzeit angeblich herrscht. Der antisemitische Ideologe Prohászka war nach dem Ersten Weltkrieg unter anderem einer der Initiatoren des Numerus-Clausus-Gesetzes, das die Anzahl der Juden an den Universitäten einschränkte und damit die Emanzipation der Juden zum Teil aufhob. Mit dem Gesetz habe Prohászka nur »die kosmopolitisch-parasitäre Schicht« zurückdrängen wollen, erklärte Lezsák nun.

Solche Worte sagen einiges über den Umgang der Fidesz mit ungarischen Rechtsextremisten aus. In einigen Stadt- und Gemeinderäten gibt es Wahlbündnisse zwischen der Fidesz und der rechtsextremen Jobbik-Partei.

Trotz aller Erklärungen des Vatikans gegen Antisemitismus ergriff bei der Enthüllung der Statue auch der katholische Erzbischof von Kalocsa, Balázs Bábel, das Wort und sagte seine Meinung. Er werde nicht – so sagte er einem Journalisten – das Holocaust-Museum in Budapest besuchen, solange das Bild von Prohászka in der Nähe des Bildes von Adolf Hitler steht und bis nicht der Bildtext entfernt wird, der Prohászka als eine »füh­rende Persönlichkeit der antisemitischen Ideologie« beschreibt. So möchte der Erzbischof die Geschichte umschreiben lassen.

1919 sprach Prohászka den Juden ab, Menschen zu sein, als er notierte, »dass uns die Juden auffressen und wir uns gegen die Wanzenplage verteidigen müssen. […] Hier handelt es sich um das Unwesen einer raffinierten, verdorbenen, ungläu­bigen und unmoralischen Gattung, um eine Wanzen-Invasion, um einen Rattenfeldzug.«

1920 veröffentlichte er ausgerechnet in der Schrif­tenreihe »Hammerschläge« der »Hamburger Hefte«, herausgegeben vom Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbund, sein Pamphlet »Die Juden­frage in Ungarn« und befürwortete damit bereits vor Hitler den rassistischen Antisemitismus: »Der Jude war und blieb fremd. Der Jude assimiliert sich nicht. Er spricht zwar ungarisch, empfindet und fühlt aber jüdisch. Dadurch wurde uns bewusst, dass die Judenfrage ein Rassenproblem sei, dass das Jüdische nicht eine Religion, sondern eine scharf profilierte Rasse oder mindes­tens ein Volk sei, das der gastgebenden Rasse gegenüberstünde.«

Wenn auch heute rechte Politiker den »christlichen Mittelstand« verteidigen wollen, dann muss man wissen, dass »christlich« in diesem Zusammenhang in Ungarn als Synonym für nicht jüdisch benutzt wird. Rechte Politiker versuchen, die damalige Anschauung von Bischof Prohászka zu aktualisieren, indem sie wahrheitswidrig behaupten, das sozialistische Kádár-Regime, mit dem sich der »christliche Mittelstand« prächtig arrangiert hatte, sei eine »jüdische Herrschaft« gewesen.

Erzbischof Bábel stellt nun seinem Vorbild Pro­hás­zka, nach dem heute katholische Schulen und Institutionen benannt sind, die Bescheinigung aus, kein Antisemit gewesen zu sein, und sieht in ihm ein »Idol und ein Beispiel«. Das hat Signalwirkung.

Am wildesten darf es ein reformierter Pfarrer und aktiver Unterstützer der Ungarischen Garde treiben, Lóránt Hegedüs junior, der schon als Agi­tator während den rechtsradikalen Krawallen vor zwei Jahren in Budapest aufgefallen ist. Bereits im Jahr 2001 hatte er in einem Artikel die Juden Ungarns als »einen aus Galizien hergelaufenen Haufen« bezeichnet und dazu aufgefordert, sie auszugrenzen. »Denn wenn du das nicht mit ihm machst, macht er das mit dir!« Dem zuständigen ungarischen Gericht zufolge ist das eine »zulässige Meinungsäußerung« (Jungle World, 47/07).

Im vergangenen Jahr vermietete Hegedüs jun. die Räume seiner Kirche in Budapest an einen berüchtigten neonazistischen Buchverlag, der dort unter anderem die Machwerke des Holocaustleugners David Irving verkaufte. Das war für seine Kirche zu viel, und der zuständige Bischof brachte ihn vor ein Kirchengericht mit der Begrün­dung, er habe den guten Ruf und das Ansehen der Reformierten Kirche geschädigt und Erklärungen gegen das Glaubensbekenntnis abgegeben. Das Kirchengericht jedoch sprach Hegedüs jun. Ende November frei. Wegen einer antisemitischen Rede, die er am 23. Oktober 2007 in Budapest gehalten hatte, ist ein weiteres Verfahren gegen ihn anhängig.

Hegedüs jun. ist auch Schirmherr der Ungarischen Garde, die gegen die Roma agitiert. Seit Jahresbeginn wurde eine Serie von Anschlägen mit Molotowcocktails, Handgranaten und Feuerwaffen gegen sie verübt. Allein im November wur­den vier Roma auf diese Art ermordet. Im gleichen Monat wurde in der kleinen Ortschaft Kiskunlacháza ein 14jähriges Mädchen vergewaltigt und ermordet. Es kam zu einer Demonstration, an der auch die Ungarische Garde und die antisemitische Motorradgang Goj motorosok beteiligt waren. Obwohl die Täter nicht feststehen, sprach sich der Bürgermeister auf der Demonstration ge­gen »Roma-Gewalt« aus.

Die meisten ungarischen Roma wurden auch wäh­rend des Kádár-Regimes diskriminiert, doch damals erhielten sie wenigstens noch schwere und schmutzige Arbeiten. Heute ist Arbeitslosigkeit ihr größtes Problem. Weder das Kádár-Regime noch das Mehrparteiensystem nach 1989 ha­ben sich ernsthaft um Lösungen bemüht, die die soziale Ausgrenzung der Roma-Minderheit be­enden könnten, die mehr als fünf Prozent der ungarischen Bevölkerung ausmacht. Die gängig­sten antiziganistischen Stereotype, wie »Arbeitsscheue« oder »Zigeunerkriminalität«, werden längst nicht mehr nur von Rechtsextremisten verwendet.

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